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Steve Fossett bricht Geschwindigkeitsrekord für Luftschiffe

Am Morgen des 27. Oktober 2004 flog der amerikanische Millionär und Abenteurer mit dem Zeppelin NT eine neue Bestmarke für Luftschiffe. Die 1000 Meter Messstrecke legte er zusammen mit seinem Co-Piloten Hans-Paul Ströhle mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit über beide Richtungen von 111,8 km/h zurück und überbot damit den bisher bestehenden Weltrekord der Engländer Jim Dexter und Mike Kendrick von 92,8 km/h deutlich.

Kenner der Luftschiffszene mögen einwenden, dass die erreichte Geschwindigkeit noch weit unter der Rekordmarke der alten Starrluftschiffe des Grafen Zeppelin und der amerikanischen Luftschiffe liegt. Zum Beispiel erreichten LZ 129 Hindenburg und LZ 130 Graf Zeppelin II mehr als 130 km/h und das amerikanische Luftschiff ZRS 5 Macon schaffte sogar 140,3 km/h. Allerdings wurden diese Geschwindigkeiten nie in der von der FAI geforderten Weise festgestellt, die den Einfluss des Windes durch Durchfliegen einer Messstrecke in beide Richtungen auszuschalten versucht. Dadurch konnten diese "Rekorde" im Nachhinein von der FAI nicht anerkannt werden, da sie nicht auf die aktuellen Bedingungen angewandt werden konnten. Aus diesem Grund führt die FAI eine Liste von Geschwindigkeitsrekorden, in denen bisher nur die "modernen" Luftschiffe erscheinen.

Um den Rekordflug durchführen zu können, erwarb Fossett im Spätsommer 2004 die Pilotenlizenz für den Zeppelin NT. Er durchlief während seiner praktischen Ausbildung bei Hans-Paul Ströhle das gesamte Programm, das vom Ausbildungshandbuch gefordert wird. Seine Aufenthalte am Bodensee blieben allerdings nicht unbemerkt - sein Privatjet mit dem sprechenden Kennzeichen N377SF wurde mehrfach am Friedrichshafener Flughafen beobachtet und man sprach auch davon, dass er bei der Zeppelin Luftschifftechnik (ZLT) ein- und ausgehen würde. Dennoch wurde bis kurz vor dem Rekordflug Stillschweigen von Seiten der ZLT über den mehrfachen Aufenthalt des Rekordjägers am Bodensee gewahrt.

Die Beobachtung des Rekordversuchs wurde vom amerikanischen Aero Club NAA (National Aeronautic Association) an den Deutschen Aero Club delegiert, der wiederum die Aufgabe an den Deutschen Freiballonsport-Verband (DFSV) weitergab. Vom DFSV wurde schließlich Uwe Schneider als Official Observer und ich als Assistent bzw. Backup Observer ernannt.

Das Regelwerk der FAI Ballonkommission CIA im Sporting Code definiert den Geschwindigkeitsrekord für Luftschiffe derart, dass eine Messstrecke von 1000 Metern in beide Richtungen durchflogen werden muss und der Mittelwert der beiden erreichten Geschwindigkeiten gewertet wird. Der zeitliche Abstand vom verlassen der Ziellinie in einer Richtung bis zum Überqueren der Startlinie in die Gegenrichtung darf nicht mehr als 10 Minuten betragen. Des Weiteren müssen alle Überflüge über die Messstrecke sowie die 250 Meter An- und Abflugbereiche in einem gewissen Höhenband stattfinden. Es sind maximal 500 Meter über Grund bzw. maximal 900 Meter MSL erlaubt und die Wertungsflüge dürfen sich um nicht mehr als 200 Meter unterscheiden. Es dürfen beliebig viele Flüge über die Messstrecke durchgeführt werden, wobei die zwei besten aufeinanderfolgenden Flüge für den Rekord zählen.

Zur Zeitnahme einigten wir uns mit dem Rekordkomitee der CIA auf die einfache Zeitmessung mit Stoppuhr und die Höhenlimits sollten mit einem GPS Logger überwacht werden, der gleichzeitig zur Bestätigung der manuellen Zeitmessungen herangezogen werden kann. Die Start- und Ziellinien wollten wir mit Folien im Gras querab zur Landebahn des Friedrichshafener Flughafens markieren, bei dem Fossett für die Durchführung des Rekordes angefragt hatte.

Anfang Oktober absolvierte Fossett seinen Prüfungsflug und peilte dann erste Rekordversuche für Ende Oktober an. Für den ersten ins Auge gefasste Termin, den 27./28. Oktober gab es dann einige Tage vorher vorsichtig positive Wetteraussichten, so dass alle Beteiligten anreisten. Am Vortag des Rekordfluges nahm ich mit Hilfe des Follow-Me die Messungen an der Landebahn vor, um die An- und Abflugbereiche und die Messstrecke zu definieren und zu markieren. Am nächsten Morgen trafen wir uns bereits um 6:30 Uhr um den Versuch möglichst früh starten zu können, sollte das Wetter geeignet sein. Trotz schwieriger Windbedingungen, der Wind blies knapp über dem Boden bereits mit mehr als 10 Knoten schräg zur Bahn, entschied sich Fossett dafür, einen Versuch zu starten. Wir legten also schnell die Markierungen an der Bahn aus, während der Zeppelin für den Start vorbereitet wurde. Um 08:21 Uhr stieg der Zeppelin NT dann mit den Piloten Steve Fossett und Hans-Paul Ströhle sowie uns beiden Observern an Bord in den Morgenhimmel auf. Unser erster Flug über die Messstrecke zeigte uns gleich, dass wir mit der gewählten Messmethode zurechtkamen und Fossett auch gut den Kurs entlang der Bahn fliegen konnte. Insgesamt flog er 9 Durchgänge über die Landebahn, wobei die letzten geringfügig bessere Geschwindigkeiten brachten. Um 9:43 setzten wir dann wieder am Landepad vor dem Zeppelinhangar auf und konnten nach überschlägigen Berechnungen den beiden Piloten zu der neuen Rekordmarke von 111,8 km/h gratulieren.

Im Anschluss an die Presseinterviews machten wir uns an die Ausarbeitung der nötigen Rekordformalitäten und die Auswertung des GPS Logs, das keine Beanstandungen der geflogenen Höhen ergab und auch gute Übereinstimmungen mit den manuellen Zeitmessungen ergab. Die Unterlagen wurden nun zunächst an die NAA zur Bestätigung des nationalen Rekords weitergeleitet, der sie dann zur endgültigen Anerkennung an die FAI weitergeben wird.

Es war für uns Observer eine spannende Sache, diesen Weltrekordflug begleiten zu dürfen, sind solche Gelegenheiten doch eher spärlich gesät. Und es war auch schön festzustellen, dass Fossett trotz seiner Rekordsammelleidenschaft ein ganz umgänglicher Mensch geblieben ist, mit dem man sich auch ganz gut unterhalten kann. Für seine weiteren Unternehmungen wünschen wir ihm jedenfalls alles Gute.

Christian Michel

Weiterführende Links:

Fotos

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07:16 - Zeppelin NT D-LZFN wird ausgehallt 07:49 - Steve Fossett und Hans-Paul Ströhle beim Pre-Flight Check 07:53 - Abarbeiten der Check-liste 08:10 - Ein letzter Blick auf das FAI Regelwerk
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Erster Anflug auf den Flughafen aus Richtung Meckenbeuren Markierung des 1000 Meter Bereichs an der Landebahn Zeppelin NT Captain Steve Fossett
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Anflug auf die Landebahn vom Bodensee Flughafen Friedrichshafen mit Luftschiffhangar und neuer Messe Steve Fossett und Hans-Paul Ströhle bereiten den Landeanflug vor
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Zeppelinhangar mit Landeplattformen Markierungen entlang der Landebahn: rot - 250 Meter Anflugbereich, grün - 1000 Meter Messstrecke 09:46 - Die Bodencrew erwartet den Zeppelin zur Landung
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09:59 - Der Zeppelin wird sofort am Mastwagen eingehallt Blick in den Hangar Im Hangar stehen "Yokoso Japan" und der FFH Zeppelin Die erfolgreiche Crew: Steve Fossett mit seinem Co-Pilot und Ausbilder Hans-Paul Ströhle
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10:08 - Die Reporter warten bereits auf die Rekordpiloten Anstoßen auf einen erfolgreichen Rekordflug (von links nach rechts): Hans-Paul Ströhle, Uwe Schneider, Christian Michel, Steve Fossett, Ernst Susanek, Fritz Günther Steve Fossett mit dem Geschäftsführer der Zeppelin GmbH Ernst Susanek